(Autoren hautnah) Interview mit Kinderbuchautorin Renée Holler

tasse auf büchern

Willkommen beim Autorentalk, liebe Leser!

Ihr sitzt gerade auf dem Bahnsteig fest und wartet genervt auf euren Zug? Euer Buch habt ihr gerade schon durchgelesen? Dann seid ihr hier jetzt genau richtig, ein neues Interview wartet darauf, von euch gelesen zu werden. 🙂

Nachdem wir im letzten Monat ein spannendes Charakterinterview mit Jakob Wolff aus Diana Menschigs Märchenadaption »So finster, so kalt« geführt haben, widmen wir uns heute einer Kinderbuchautorin. Renée Holler hat sich mit ihrer Abenteuergeschichte »Die Diebe von London«, das bei arsEdition erschienen ist, direkt in mein Herz geschrieben und ich freue mich sehr, mich mit ihr über das Leben als Autorin unterhalten zu können. Schnappt euch einen Kaffee, wir plaudern ein wenig 🙂

Liebe Renée, ich freue mich sehr, dir ein paar Löcher in den Autorenbauch fragen zu dürfen. Erzähl doch erst einmal ein wenig über dich selbst, wie bist du zum Schreiben gekommen?

Ich hatte schon als Kind eine lebhafte Fantasie und dachte mir ständig Geschichten aus. So mit etwa 9 Jahren fing ich an, sie in leere Schulhefte aufzuschreiben. Eigentlich wäre ich schon damals gerne Schriftstellerin geworden, neben anderen Berufswünschen wie Forscherin oder Detektivin. Mein erstes Buch wurde erst viele Jahre später veröffentlicht – da war ich schon dreißig. Die ersten Schreibversuche landeten in einer Kiste auf dem Dachboden.

Du hattest mir ein Bild deines ersten Buches, deiner ersten Schreibversuche geschickt. Das ist immer etwas ganz Besonderes für einen Autoren. Wenn du es dir heute noch einmal ansiehst, was hast du daraus für dich persönlich und deine Arbeit als Autorin allgemein mitgenommen?

Wenn ich meine ersten Schreibversuche anschaue, sehe ich eigentlich nur, dass ich die Gleiche geblieben bin. Genau wie damals denke ich mir immer noch ständig Geschichten aus. Der einzige Unterschied ist, dass Tintenfüller und Schulhefte durch Computer und Drucker ersetzt wurden.

 

Das Cover ist handgemalt. Das erste Erscheinungsbild eines Buches ist für viele Leser & Blogger, so auch für mich, sehr wichtig. Wie wichtig ist dir das Cover eines Buches?

Die gute Gestaltung eines Buchcovers ist auch für mich wichtig. Es soll attraktiv sein, den Leser auf den Inhalt gespannt machen und ihn zum Lesen verführen, ohne zu viel zu verraten.

Das ist bei »Die Diebe von London« sehr gut gelungen. Wo holst du dir Inspiration für deine Bücher?

Inspiration für meine Bücher kann von überall her kommen – eine kleine Notiz in der Zeitung, ein interessanter Artikel den ich gelesen habe, ein Sachbuch, etwas das ich selbst erlebt habe oder ein Programm im Fernsehen. Die Idee für „Die Diebe von London“ geht auf einen Museumsbesuch ins „Museum of London Docklands“,  zurück. In einer Ausstellung über die Neue Welt wurden dort Kinderfänger erwähnt. Allein das Wort beflügelte meine Fantasie und ließ mich nicht mehr los, denn es bot sich so richtig für ein spannendes Abenteuer an.

Das erinnert mich ein wenig an Oliver Twist. Du hast ja bereits einige Sachbücher für Erwachsene veröffentlicht und schreibst nun auch Kinderbücher. Was gab den Anstoß dazu, für die jüngere Leserschaft zu schreiben?

Eigentlich wollte ich schon immer Bücher für jüngere Leser schreiben. Ich hatte fast aufgegeben, wenn mein Mann nicht darauf bestanden hätte, eines meiner ersten Manuskripte “Der Mann mit den drei Fingern“ an einen Verlag zu schicken. Das Buch, ein Krimi aus der Römerzeit, den ich mit 13 geschrieben hatte, wurde nie veröffentlicht, doch der Loewe Verlag bat mich, ähnliche Geschichtskrimis zu verfassen. Die Reihe “Tatort Geschichte“ entstand, und seitdem habe ich nur noch Kinderbücher geschrieben.

Wie darf ich mir deinen Alltag als Schriftstellerin vorstellen? Hörst du z.B. Musik beim Schreiben oder fertigst du Skizzen deiner Figuren an?

Mein Alltag schaut nicht viel anders aus, als der anderer Menschen. Ich sitze spätestens um 9 Uhr an meinem Schreibtisch und arbeite mit zahlreichen Teepausen und einer Mittagspause durch bis 5 oder 6 Uhr. Für „Die Diebe von London“ bin ich auch mehrmals nach London gefahren, um dort vor Ort zu recherchieren und Museen zu besuchen. Von meinem Wohnort Oxford ist das ja nur eine gute Stunde entfernt. Musik höre ich gerne, doch nicht wenn ich schreibe, da lenkt es mich zu sehr ab, obwohl zeitgenössische Musik sehr inspirierend sein kann. Was die Skizzen anbelangt? Oje, ich würde ja gerne welche anfertigen, aber ich bin da leider nicht so gut. Anderes Bildmaterial sowie Karten hängen jedoch massenweise an meiner Magnettafel. Und wenn ich nicht mehr weiter weiß, gehe ich auch gerne mal spazieren oder greife nach einem guten Buch.

Wir Leser mögen ja diesen „Nerdkram“ wie Kartenmaterial, Illustrationen im Buch etc. Hattest du als Autorin bei der Gestaltung deiner Bücher Mitspracherecht?

Da hatte ich als Autorin nur wenig Mitspracherecht. Da es sich bei „Die Diebe von London“ um ein historisches Setting handelt, schickte ich dem Illustrator trotzdem zahlreiches Bildmaterial mit Tips und Anregungen. Kleinigkeiten wie Kleidung, Frisuren und Umwelt einer bestimmten Zeitperiode müssen ja stimmen. Das ist für mich äußerst wichtig, und Bernd Lehmann hat das alles sehr gut hingekriegt.

„Die Diebe von London“ erschien bereits 2013 bei ArsEdition, allerdings mit dem Titel „Das Geheimnis des goldenen Salamanders“. Darf ich fragen, wie es zur Titel- und Coveränderung kam?

Der Verlag wollte dem Buch mit neuem Titel und geändertem Cover noch einmal eine Chance geben. Der Salamander spielte für mich im Buch eigentlich immer nur eine Nebenrolle und war nie wichtig genug, um im Titel aufzutauchen. Hauptrollen spielte von Anfang an die Stadt London und die Kinder, die spurlos verschwinden. Der neue Titel „Die Diebe von London“ passt viel besser. Auch die Coveränderung ist absichtlich. Wir wollten keine fröhliche, bunte Illustration wie beim goldenen Salamander, sondern etwas dunkles, finsteres, das Spannung und dem Leser Angst vermittelt.

Der neue Titel steht deinem Buch gut. Wie gestaltete sich denn die Recherche für „Die Diebe von London”?

Ich las stapelweise historische Sachbücher. Genau zu wissen, wie der Alltag in einer bestimmten Epoche aussieht, hilft mir, mich in die jeweilige Zeit zu versetzen. Zum Lesen kommt dann natürlich auch viel Recherche online, und im Fall von „Die Diebe von London“ auch vor Ort. Ich besuchte Londoner Museen und machte lange Spaziergänge an der Themse, vor allem im Stadtteil Southwark südlich des Flusses, wo ein Großteil der Handlung abspielt. Auch wenn sich London seit dem 17. Jahrhundert stark verändert hat, fließt die Themse immer noch durch die Stadt, und der Fluss vermittelte mir irgendwie eine direkte Verbindung mit der Vergangenheit.

Die Geschichte rund um Alyss spielt im London des 17. Jahrhunderts. Warum gerade diese Epoche?

Die Zeitepoche ergab sich durch die Recherchen. Nachdem ich in der Ausstellung „Museum of London Docklands“ von Kinderfängern erfuhr, die Anfang des 17. Jahrhunderts die Gassen der Stadt verunsicherten, hatte ich keine andere Wahl. Die Geschichte musste in dieser Epoche stattfinden. Da ich mich für Geschichte aller Epochen interessiere und ich mich in Gedanken gerne auf Zeitreise begebe, war die Recherche ein reines Vergnügen.

 

London ist ja auch wirklich eine traumhaft schöne Stadt! Findest du selbst denn noch Zeit neben dem Schreiben, ein Buch zu lesen und wenn ja, welches Buch ist dein persönliches Lieblingsbuch?

Zeit für ein Buch finde ich immer und fühle mich ohne Lesestoff unwohl. Mein Lieblingsbuch? Das ist eine sehr schwierige Frage. Als Kind zählten „Tom Sawyers und Huckleberry Finn“ zu meinen Lieblingsbüchern, und ich lese Huckleberry Finn in regelmäßigen Abständen auch heute noch. Mein persönliches Lieblingsbuch? Vermutlich der Roman “Wen die Nachtigall stört” von Harper Lee oder “True Grit“ von Charles Portis, aber auch Jon Krakauers “In die Wildnis: Allein nach Alaska” gefallen mir gut. Dann wäre da noch … Ich könnte hier unzählige weitere Bücher auflisten.

In der letzten Zeit sind Buchverfilmungen ein großes Thema. Auch einige der Jugendbücher, die ich gelesen habe, wurden für die Leinwand adaptiert. Wenn du dir eine Literaturverfilmung wünschen könntest, welches Buch würdest du gerne in bewegten Bildern sehen?

Viele meiner Lieblingsbücher wurden bereits für die Leinwand adaptiert. Freuen würde ich mich allerdings über eine gute Verfilmung eines historischen Kriminalromans. Die Bücher C. J. Sansoms, die zur Zeit Heinrich VIII. spielen, eignen sich dazu ganz wunderbar, und ich könnte sie mir hervorragend als Fernsehserie vorstellen.

Zum Abschluss bin ich noch einmal neugierig. Gibt es schon ein neues Projekt, an dem du arbeitest?

Ich arbeite ständig an neuen Projekten, da das Schreiben ein wichtiger Bestandteil meines Lebens ist. Allerdings bedeutet dies leider nicht automatisch, dass diese Projekte auch veröffentlicht werden.

Dann drücke ich nun mal ganz fest die Daumen, dass deine neuen Ideen ihren Weg zu Verlagen finden. Ganz herzlichen Dank für dieses spannende Interview, liebe Renée!

 Ich hoffe, ich konnte euch neugierig auf dieses schöne Kinderbuch machen.

Renée Hollers »Die Diebe von London« ist ein rundherum gut recherchiertes Jugendbuch, dessen Plot nur so vor Abenteuer und Spannung strotzt, ohne Fantasyelemente auskommt und für spannenden Geschichtsunterricht, eingebettet in eine aufregende Story sorgt. Ein Lesevergnügen, das noch lange im Gedächtnis bleiben wird und den Titel »Lesehighlight« in allen Aspekten verdient hat!

Autorenseite von Renée Holler | Fanpage zu ‚Die Diebe von London‘ | Renée Holler bei Twitter

Ich freue mich schon auf das nächste Gespräch mit den Menschen hinter den Büchern und hoffe, dass mir ein interessanter Einblick gelungen ist und euch das Interview gefallen hat!

Meine Frage an euch: Habt ihr schon etwas von Renée Holler gelesen, kennt ihr »Die Diebe von London« vielleicht schon?

Ich wünsche euch einen wundervollen Tag und sende euch viele liebe Grüße! ♥

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